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29.09.2016

Durch die Drakensberge 3


Nach dem Unwetter hat es sich ziemlich abgekühlt, so dass die Temperatur am Morgen, als ich aus dem Zelt schaue, lediglich 5 Grad beträgt! Zwar liegt noch viel Dunst in der Luft, aber es scheint ein schöner Tag zu werden.


Ein schöner Tag beginnt

Weglos durchstreife ich die grasigen Weiten unterwegs zum Mont aux Sources, der sich relativ flach ansteigend über dem Plateau erhebt. 

                                          Unterwegs zum Mt. aux Sources

Bereits gegen 9 Uhr habe ich den Gipfel des 3282 m hohen Berges erreicht. Benannt wurde der "Quellenberg" von zwei französischen Missionaren, die den Berg 1863 als erste Weiße bestiegen. In der Umgebung entspringen 5 Flüsse, darunter auch der mächtige Oranje, daher der Name des Berges, der unmittelbar auf der Grenze zwischen Lesotho und Südafrika aufragt.


                Panorama vom Gipfel des Mt. aux Sources

Beim Abstieg schrecke ich einen Hasen auf, der sich dann jedoch keine zwei Meter von mir entfernt wieder nieder lässt!


                                        Ein zutraulicher Hase

Als ich mich wieder der Abbruchkante des Plateaus nähere, türmen sich mächtige Nebelberge aus der tiefer gelegenen südafrikanischen Seite auf, während ich hier oben Sonne und blauen Himmel genießen kann.



                                  Nebelbänke branden gegen das Plateau

Ich stoße auf eine 1950 erbaute Schutzhütte für die Wanderer, die aber heute total vermüllt ist.


                         Hütte vor der Abbruchkante

Nur wenige Schritte weiter, stürzt der Tugela, hier noch eher ein unscheinbarer Bach, in die Tiefe. Leider verhüllt der Nebel weitgehend seinen Absturz, dabei soll es sich hier um den zweithöchsten Wasserfall der Welt handeln! In fünf Stufen überwindet der Tugela hier die spektakuläre Basaltwand des Amphitheaters mit insgesamt 948 Meter Fallhöhe!


            Die Fälle des Tugela werden vom Nebel verhüllt

Ein Stück weiter treffe ich den ersten Menschen des heutigen Tages: Ein junger Schäfer nutzt die Hütte als Stützpunkt. Zwar spricht er kein Englisch, lässt sich aber bereitwillig fotografieren.


                        Ein junger Schäfer

Die Kante des Plateaus ist meist ziemlich zerklüftet, daher laufe ich  ein Stück weit davon entfernt auf dem Lesotho Plateau. Noch herrscht hier oben klare Sicht, aber es scheint fast so, also ob der aus der Tiefe herandrängende Nebel die Landschaft verschlucken will. Spektakuläre Bilder!


                    Bald wird der Nebel das Plateau erreichen

Über Berghänge mit heidekrautähnlichem Bewuchs gelange ich in eine weite Ebene voller Vieh. Acht Weißstörche, die offenbar den Winter hier verbringen, halten einen großen Sicherheitsabstand zu mir und schrauben sich schließlich in die Höhe, als ich versuche mich ihnen zu nähern. 
Meistens versuche ich den das Vieh hütenden Hirten auszuweichen, da ich möglichst wenig Aufsehen erregen möchte, aber ein Junge und später ein anderer Schäfer suchen mich auf. Zwar kann ich mich nicht mit ihnen verständigen, aber es ist unschwer zu verstehen, dass sie mich nach Essen fragen. Die Leute sehen keineswegs unterernährt aus, wahrscheinlich versprechen sie sich von mir Schokolade oder andere Leckerbissen.


                           Weite Ebenen voll Vieh

Am Nachmittag laufe ich meist durch den Nebel, der allerdings immer wieder aufreisst. Die Hirten sitzen häufig auf erhöhten Aussichtspunkten, weshalb ich mir ein wenig wie in einem Western vorkomme, wo die Apachen den unter ihnen durchziehenden Treck beobachten...Ziemlich unangenehm für meinen Geschmack, obwohl die Schäfer sicher harmlos sind. Einmal ruft mir einer "Where do you want to go" zu! Jedenfalls bin ich nicht unglücklich, wenn mich der Nebel mal wieder unsichtbar macht...
Seit dem Mont aux Sources verfüge ich über gute Karten im Maßstab 1:50.000. Allerdings ist das Gelände hier auf dem Plateau fast überall gut zu begehen, so dass ich mich lediglich nach meinem GPS- Kurs richte. Obwohl man denken könnte, dass das Plateau eher flach ist, geht es doch fast ständig auf und ab, so dass recht viele Höhenmeter zusammen kommen. Nach etwa 15 weglosen Kilometern schlage ich gegen 16 Uhr in einem sichtgeschützten Tälchen mein Lager auf. 
Bereits vor Sonnenaufgang beginne ich damit mein Lager abzubauen. Ein herrlicher Morgen erwartet mich!













                   

                                    Ein herrlicher Morgen beginnt

Schon bald erreiche ich den Icidi Pass, wo laut meiner Karte ein Pfad auf die südafrikanische Seite führen soll. Auch auf Google Earth sah der Abstieg machbar aus...
Ein Fluss fällt vom Plateau in eine tiefe Schlucht. Zunächst komme ich auch recht gut voran, aber bald verengt sich das Tal zu einer steilen Klamm, in die der Abstieg unmöglich erscheint. Also denke ich, dass der Weg nach unten vielleicht eher an der Flanke liegt und erkunde ein Stück weit in diese Richtung. Leider werden meine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt. Beim besten Willen kann ich keine gangbare Route ausmachen und trete den Rückweg an.
Die steile Basaltwand der Icidi Buttress ragt über dem Pass auf. Ein toller Anblick im Licht des frühen Morgens!


                                 Icidi Buttress

Über eine weite Hochfläche kürze ich den gezackten Verlauf der Abbruchkante ab, und gelange schließlich zurück an den Rand des Plateaus.


                          Über das steinige Plateau 


                               Die Abbruchkante

Nach etwa vier Stunden erreiche ich den Mbundini Pass, wo in meiner Karte eine weitere Abstiegsroute eingezeichnet ist...
Ein großer Steinhaufen scheint den Beginn des Weges nach unten zu markieren.


Mbundini Pass

Zunächst ist die Route einfach und nicht sehr steil, allerdings sehe ich keine weiteren Steinpyramiden...

Über den steilen Wänden kreist ein Bartgeier, ein majestätischer Vogel, den ich bereits sowohl in den Pyrenäen, als auch im Himalaja beobachten konnte. Fünf Raben mit weißem Nacken sitzen auf den Felsen. Als ich näher komme, sehe ich dort einen kleinen, grauen Hund, der sich offenbar hierher verirrt hat. Ob die Raben wohl in ihm bereits eine Beute sehen?


                                    Weißnackiger Rabe

Nach kurzer Zeit wird der Abstieg immer schwieriger. Steile Geröllhalden mit riesigen Felsbrocken erfordern Konzentration bei jedem Schritt. Obwohl die Steine so groß sind, liegen sie keineswegs stabil, so dass ich darauf achten muss, nichts ins Rollen zu bringen.
Mir fällt die Geschichte von dem Amerikaner ein, der bei einer Canyonwanderung in so einer Situation von einem Felsen gefangen wurde und sich nur durch das Abschneiden seines Arms befreien konnte...



            Unangenehmer Abstieg durch steile Geröllfelder

Über mir auf einem Absatz beobachten einige Bärenpaviane, wie ich mich bemühe nach unten zu steigen!
Etwas weiter unten beginnt ein Bach, und das Tal wird zunehmend vegetationsreicher. Ich hoffe schon, das Schwierigste geschafft zu haben, dem ist aber leider keineswegs so! Jetzt verdeckt häufig der Bewuchs die klaffenden Löcher zwischen den Felsbrocken. Vor allem steile Stufen im Bachbett sind nur schwer zu überwinden. Dabei halte ich es durchaus für möglich, dass ich irgendwann nicht mehr weiter komme und den ganzen, schwierigen Weg nach oben erneut zurücklegen muss. Einige Male gleite ich aus, kann meinen Sturz aber immer gut abfangen. Wie immer seit einigen Jahren habe ich meinen Spot Messenger dabei, mit dem ich eine SOS- Meldung absetzen könnte, für den Fall, dass ich mich hier so verletze, dass ich nicht weiter gehen kann. Aber so einen Notfall möchte ich natürlich vermeiden!



                        Schwieriger Abstieg im dichten Bewuchs

Dann passiert es: Ein riesiger Brocken gibt unter mir nach und kommt ins Rollen. Ich versuche mich mit den Wanderstöcken abzufangen, leider vergeblich! Ich stürze, habe aber das Glück von dem Felsen nicht getroffen zu werden. Meine Hose ist aufgerissen, das linke Knie lädiert und mein einer Stock verbogen!
Glücklicherweise ist nichts Ernstes passiert, aber das hätte ins Auge gehen können!
Weiter unten muss ich einige Male durchs Wasser um die Talseite zu wechseln. Schließlich kann ich die Schlucht verlassen und arbeite mich in dem immer noch sehr steilen Grashang weiter nach unten. Zwar auch nicht einfach, aber viel besser als in der Schlucht!
Die Vegetation wird immer üppiger mit blühenden Blumen und hohen Sträuchern.


                                  Die Vegetation wird immer üppiger

An der Einmündung des Baches, der von Fangs Pass kommt, stoße ich auf einen Pfad. Offenbar ist das eine Abstiegsroute, im Gegensatz zu Mbundini Pass...


                     Das Ende der gefährlichen Abstiegsroute

Bevor ich weitergehe, wasche ich mich erst mal in dem einladenden Bach. Gut, dass ab hier ein Pfad sichtbar ist, denn stellenweise ist die Vegetation im Tal über mannshoch! Besonders gefallen mir einige große Baumfarne.

                                           Baumfarne




Schöne Bilder ergeben sich, als ich zum Plateaurand zurück schaue, wo die Sonnenstrahlen von den Wolken gebrochen werden und die darunter liegenden Wände fächerförmig beleuchten.

                                Blick zurück zum Plateaurand

Ich habe gelesen, dass abgelegene Pässe gerne als Schmuggelrouten nach Südafrika genutzt werden, vor allem für Marihuana, das in Lesotho angebaut wird! Ich entdecke Spuren von Pferden und mir ist klar, dass ich auf einer solchen Route gelandet bin! Glücklicherweise scheint es schon einige Zeit her zu sein, dass die letzte Schmuggelkarawane hier entlang gezogen ist, denn ich habe wenig Lust, diesen Leuten zu begegnen...
Auf meiner Karte ist eine Höhle am Abzweig zum Mweni Pass eingezeichnet, in der man übernachten kann. Obwohl es schon spät ist, und ich von dem langen Abstieg ermüdet bin, steuere ich die Höhle an. Dabei finde ich das leuchtend grüne Tal mit den schroffen Sandsteinwänden im Abendlicht sehr reizvoll.



                           Ein schönes Tal

An der Einmündung in das vom Mweni Pass kommende Tal erstreckt sich eine dicht bewachsene Ebene, leider sehe ich in den angrenzenden Wänden kein Anzeichen für eine Höhle, daher schlage ich schließlich mein Zelt im hohen Gras auf.


                         Mein Lager

Hier auf 1750 Meter beträgt die Temperatur in der Dämmerung immer noch milde 15 Grad, so dass ich noch lange draußen sitze und Mond und Sterne genießen kann.
Heute war ein spannender Tag, aber so schwierige, gefährliche Abstiege brauche ich nicht öfter...
























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