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04.02.2016

Wildes Wasser, grüner Wald - Packrafting Rio Tuichi 4

Am Morgen bleibt der Fluss unverändert wild. Drei größere Stromschnellen, die durch die Wucht des Wassers und die häufig vorhandenen Felsen wohl in den vierten Schwierigkeitsgrad einzuorden sind, trage ich um. Da ich nicht länger als nötig schleppen will, setze ich stets dort ein, wo das Wasser nicht mehr ganz so wild ist. Das Boot auf den glatten Felsen wieder zu beladen stellt sich dabei häufig als ziemlich schwierig heraus. 


                                                 Der Tuichi bleibt wild...

Natürlich sind an Land auch stets die "Schweissbienen" wieder da. (Das w könnte man auch weglassen...).


                                                Die Schweissbienen sind eine Plage

Einmal sehe ich dicht am Ufer einen etwa 70 cm langen, golden schimmernden, fetten Fisch. Leider habe ich auf dieser Tour kein Angelzeug dabei, aber ich habe schließlich auch genügend Proviant mitgenommen, vorausgesetzt, dass dieser mir nicht doch noch vorzeitig vergammelt....


                                                   San Pedro Canyon

Als sich nach einigen Stunden die Schlucht öffnet, kann ich mein Glück kaum fassen, ich habe die schwierigsten Bereiche des Rio Tuichi bewältigt! Dabei hat sich mein kleines, blaues Microraft insgesamt recht gut geschlagen, obwohl für diesen Fluss wohl etwas wildwassertauglicheres besser geeignet wäre... Ein großes Manko war die nicht dichte Spritzdecke, die zum häufigen "Fluten" meiner Nussschale geführt hat. Aber die Manövrierfähigkeit des Microrafts mit schwerem Gepäck in hohen Wellen und starker Strömung ist schon sehr gut!


                        Die Schlucht öffnet sich

Allerdings ist die Gegend nach wie vor keineswegs flach. Zu meinem Erstaunen sind die Kämme der Berge immer noch mit Gras bewachsen. Ich hatte angenommen, dass auf dieser Höhe alles bewaldet ist.
Ein Packraft ist ein eher langsames Boot, daher hatte ich geglaubt, dass nach Verlassen der Berge die Strömung des Tuichi sich deutlich verlangsamt und ein hartes Stück Arbeit vor mir liegt...
Das ist aber glücklicherweise keineswegs so, die Strömung ist weiterhin ziemlich flott und der Fluss sehr abwechslungsreich. Es gibt Inseln, Sandstrände und Kiesbänke. Manchmal fallen rote Steilwände zum Ufer hin ab, kurz gesagt ist die Landschaft am Fluss einfach traumhaft. Allerdings darf man bei dem Genuss der schönen Umgebung nicht versäumen, sich stets auf den Fluss zu konzentrieren. Denn nach wie vor gibt es Stromschnellen, die jetzt aber alle zu bewältigen sind, Baumverhaue und enge Kurven, das ganze oft in Kombination...
In ruhigen Abschnitten lasse ich mich aber auch manchmal ganz einfach von der Strömung treiben und komme dabei erstaunlich gut voran...Leider sehe ich recht wenig von der reichen Tierwelt des Madidi. Meist ist die Vegetation zu dicht und die Tiere zu scheu...
Dann und wann fliegen einige Rote oder Blau- Gelbe Aras krächzend über den Fluss und ein Reiher lauert auf Beute.
Als ich am Nachmittag mein Lager aufschlage, sehe ich die ersten menschlichen Spuren seit meinem ersten Zeltplatz. Abgeschlagene Baumstümpfe und Plastiktüten weisen darauf hin, dass auch andere hier bereits gelagert haben. Im Internet kann man lesen, dass der Tuichi kommerziell geraftet wird. Solche Touren scheinen aber nur ziemlich selten und unregelmäßig statt zu finden, wahrscheinlich wegen der Dauer der Tour und der relativ schlechten Erreichbarkeit des Oberlaufes. Je nach Wasserstand schwankt die Schwierigkeit des Flusses mit Sicherheit stark, aber man kann davon ausgehen, dass einige der Stromschnellen bei höherem Wasser auch mit einem großen Raft ziemlich gefährlich bis unfahrbar sind...


                        Abwechslungsreiche Flusslandschaft

Die häufig kaum bewachsenen, roten Steilufer konnte ich schon auf Google Earth zum Teil erkennen. Ich hatte gehofft, dass sie lehmig sind, und daher den Aras zum Brüten dienen. Leider bestehen sie jedoch meistens aus Steinen.



                                   Rötliche Uferhänge




Gestelle am Ufer und ein zersägter Baumstamm sind die ersten Zeichen, dass ich mich dem Dorf San José de Chupiamonas nähere. Von der Ansiedlung nehme ich allerdings nichts wahr, da sie in einiger Entfernung vom Fluss liegt.
Ein großer Bach der von links einmündet, bringt rote Schlammfluten mit, wahrscheinlich hat es in seinem Einzugsbereich geregnet. Eine ganze Zeit mischen sich rotes und grünes Wasser nicht, aber schließlich gewinnt Rot die Überhand und trübt den bisher so klaren Tuichi.
5 große Kanus am Ufer zeigen wahrscheinlich den "Hafen" von San José an. 
Obwohl mir klar ist, dass die Siedlung nicht allzu weit entfernt ist, schlage ich mein Lager nicht besonders getarnt zwischen Sandstrand und Wald auf...


                                   Wenig getarntes Lager...

Es ist hier wie immer, so bald etwas herumliegt, wird es gleich von Ameisen inspiziert. Im Fall meines Hutes einige besonders große Exemplare...

                                   Große Ameisen

Als ein Boot mit Außenborder am späten Nachmittag vorbei fährt, hoffe ich darauf, dass die fünf Männer an Bord des Kanus mein Lager nicht wahrgenommen haben....
Da bin ich mir dann aber gar nicht mehr so sicher, als ich in der Dunkelheit bereits im Zelt liege und zunächst noch weit entfernt das Geräusch eines Bootsmotors höre. Nach und nach kommt das Boots immer näher und... als es auf meiner Höhe angelangt ist, verstummt der Motor!
Ich erstarre vor Schrecken: Haben die Männer am Nachmittag doch mein Zelt gesehen und kommen jetzt zurück, um mich im Schutz der Dunkelheit zu überfallen? Meine Nylonhülle ist jetzt sicher der schlechteste Ort für mich. Weder könnte ich rasch fliehen noch mich verteidigen, wenn das notwendig wird. Dennoch bleibe ich zunächst wie gebannt liegen und lausche angestrengt in die Nacht. Zunächst höre ich gedämpfte Stimmen und ab und zu blitzt eine Taschenlampe auf. Dann wird es still. Haben die Ankömmlinge mein Lager ausgemacht und schleichen sich jetzt an? Ich erwache aus meiner Schreckstarre und öffne vorsichtig den Reißverschluss des Zeltes. Leise trete ich gebückt vor das Zelt, Papiere, Fotoapparat und Geld in meinem kleinen Tagesrucksack, das Messer griffbereit am Gürtel. Ich höre und sehe gar nichts mehr, die Spannung ist unerträglich. Dennoch verändere ich meine Position nicht. Auch wenn es mir sehr merkwürdig vorkommt, dass das Boot genau bei mir gehalten hat, glaube ich nach einiger Zeit nicht mehr an einen Überfall. Schließlich sehe ich ab und zu eine Taschenlampe aufblitzen, wie mir scheint am anderen Ufer des Flusses. Es wirkt, als hätten sich die Männer dort auf dem Steilufer verteilt. Das sie irgendeine Art von Angelmethode durchführen, kann ich mir nicht vorstellen, viel plausibler ist, dass sie sich dort positioniert haben um den breiten Sandstrand vor meinem Zeltplatz einzusehen. Wenn Wild erscheint, würden sie es wahrscheinlich mit den starken Lampen blenden und dann schießen. Mist, mit etwas Pech stünde mein Zelt genau in der Schusslinie...
Da ich aber immer noch nicht sicher bin, was hier vor sich geht, lausche und beobachte ich weiterhin unbeweglich in die dunkle Nacht hinein.  Schließlich, nach vielleicht zwei Stunden sammeln sich die Leute, steigen in das Boot und der Außenborder röhrt wieder los. 
Puh, das war unheimlich!








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